Hans Hardmeier

Ein Rückblick von Hans Hardmeier erreichte uns im Dezember 2019. Schön, wie die Erinnerung an seine Sopita-Erfahrung auch viele Jahre später so spürbar ist.

 

So seltsam das auch klingen mag, sind bereits zehn Jahre vergangen, seit Micha Baumann und ich nach Peru gereist sind. Wir wollten mehr über die Geschichte und die Menschen in Peru erfahren. Wir reisten über einen Monat und besuchten Orte wie Lima, Arequipa, Cusco und Puno. Eine der Reisen war aber allerdings eine ganz besondere, denn wir hatten auch die Möglichkeit, uns freiwillig für das Projekt Sopita zu melden, um Kinder in Satipo, einer Provinz in den peruanischen Anden, zu unterstützen und zu ernähren. Das Projekt wird von Gilma Rudolf - einer Freundin von mir - organisiert und geleitet. Sie hat uns gefragt, ob wir während unseres Aufenthaltes in Südamerika für eine Woche helfen möchten. Die Hilfe wurde sehr geschätzt und es war eine Lebenserfahrung für uns beide.
Jeder Teil der Reise ist eine Geschichte wert. Beachten Sie aber, dass wir uns im Jahre 2010 befinden. Damals war die politische Lage um einiges anders als heute. Wir hatten auch unsere Hinreise nicht richtig geplant.
    - Die Abfahrt um vier Uhr morgens von einem der gefährlichsten Orte Limas gemäss meinem Vater.
    - Das Überqueren von militärisch kontrollierten Gebieten aufgrund des Drogen-Terrorismus mit falschen Namen. Alles ein Versehen, weil keiner Micha Baumann und Hans Hardmeier richtig schreiben konnte und so hiessen wir nun Miguel Auman und Juan Artaman.
    - Die Ankunft um 23 Uhr nach mehreren Buswechseln und dann doch noch in der falschen Stadt. Zum Glück fanden wir einen Tuk-Tuk-Fahrer, der bereit war, durch den dunklen Regenwald zu unserem Ziel zu fahren. Wir fragten ihn buchstäblich, ob er Gilma kenne und er sagte ja!
    - Ein betrunkener Nachbar, der dachte, ich sei einer der Typen aus dem Fernsehen „Al fonde hay sitio“ und nicht gehen wollte, bis ich ihm eine Unterschrift gegeben hatte.
    - Inmitten von Militärfahrzeugen und Anti-Terror-Einheiten einkaufen gehen, weil eine Präsidentschaftskandidatin - Keiko Fujimori - dort eine Rede halten wollte.
    - Und vieles mehr…

Abgesehen von all den lustigen und interessanten Geschichten gab es einen Moment, der mich bis heute geprägt hat. Eines Tages hatten Micha und ich mit den Kindern vereinbart zum Fluss zu gehen (ich kann mich nicht erinnern welchen). Als wir beim Fluss ankamen, in dem wir schwimmen wollten, trauten wir unseren Augen nicht. Er hatte Tonnen von Schaum (Zeichen dafür, dass der Fluss chemisch verschmutzt war) und er war sogar ein bisschen orange! Wir waren schon etwas angewidert und fragten uns, ob wir dort wirklich schwimmen gehen konnten. Und dann kamen die Kinder und ihre Freude im Gesicht war unbeschreiblich! Sie zogen sich bis auf die Unterwäsche aus und sprangen in den Fluss. Die Kinder ohne Badeanzug, die kein richtiges Zuhause, aber einen chemisch schmutzigen orangen Fluss hatten, genossen das Leben viel mehr als die beiden Schweizer Reisenden, die alles hatten. Das prägte mich.

Diese Reise hat mich verändert und ich hoffe, ich habe auch das Leben dieser Kinder ein wenig verändert. Falls Sie die Möglichkeit haben, eine solche Reise zu machen. TUN SIE ES. Bereiten Sie sich vor und machen Sie es. Diese Erfahrungen sind viel mehr wert als das Geld oder die Zeit, die Sie sparen würden.

 

Hans Hardmeier