Das Amazonasbecken und seine Einzugsgebiete wurden zum grössten Teil während des 19. Jahrhunderts kolonialisiert, ähnlich wie der Wilde Westen der USA. Nach den Vorarbeiten der spanischen «Conquistadores» im 16. Jahrhundert, waren es im 17. Jahrhundert die Jesuiten, die von Ecuador aus ins Einzugsgebiet des Amazonas vordrangen. Um 1800 erreichten sie das von Indianerstämmen, wie den Ashaninka, besiedelte Gebiet um den Fluss Satipo. Weitere Europäer, «Colonos» genannt, kamen nach und bauten übergreifende Handelsstrukturen auf. Sie sind die Gründungsväter der Siedlung Satipo, noch heute abzulesen an Satipos Hauptstrasse «Colonos Fundadores». Am Ende des letzten Jahrhunderts war Satipo zeitweise in der Hand der maoistisch argumentierenden Terroristen, des «Sendero Luminoso». Indios wie «Colonos» wurden aus den weit verstreuten Dschungelsiedlungen um Satipo vertrieben oder umgebracht. Die Überlebenden fanden Zuflucht, aber kaum ein geregeltes Einkommen in der militärisch geschützten Provinzhauptstadt Satipo. Ein Teil des heutigen Elends von kinderreichen und zerrütteten Familien wurzelt in jener Blütezeit des Terrorismus in den 80-er und frühen 90-er Jahren. Einzelne Terroristentruppen wandeln noch heute auf entfernten Dschungelpfaden und warten auf die nächste Gelegenheit.
Ist es eine Kleinstadt, ein grosses Dorf oder einfach eine zusammengewürfelte Siedlung am Fluss? Satipo zählt heute 30.000 Einwohner und kennt Internet, Mobiltelefon, Restaurants und Diskotheken. Satipo kennt aber auch weiterhin ungeteerte, staubige Strassen, Strom und Wasser fallen regelmässig aus. Täglich fahren Busse in die zehn Stunden entfernte Hauptstadt Lima, durch den (mehr oder weniger landwirtschaftlich genutzten) Dschungel und über die 4800 Meter hohen Anden. Früher gab es eine grasbewachsene Landepiste für Inlandflüge, heute fliegt jedoch nur noch das Militär und manchmal die Polizei. Glückliches Satipo, wenn die Kaffeeernte gut und der Kaffeepreis hoch ist. Meist jedoch ist die Ernte gut und der Preis im Keller, oder der Preis ist okay, dann ist die Ernte jedoch mager oder Ernte und Preis sind beide desolat. Gleiches gilt für die Früchte: Orangen sind so billig, dass sich das Ernten auch mit günstigsten Taglöhnern kaum noch lohnt. Anständig bezahlte Arbeitsplätze gibt es in Satipo kaum: Lehrer etwa verdienen pro Stunde 5 Soles, rund 2 Schweizer Franken. Wichtigstes Nahverkehrsmittel ist das dreirädrige Mototaxi, wichtigste Devisenquelle sind Kaffee und Kakao. Daran hängt die Wirtschaft, vom Strassenhändler bis zur Coiffeuse.